Auswertung vom 30. April 2020
Bekennen sich die Deutschen nicht gerne zur Bevorratung? Und gibt es nicht nur in den Corona-Zahlen einen Ost-West-Unterschied?
Das Nielsen Consumer Panel erlaubt es, Umfrageergebnisse mit dem tatsächlichen Kaufverhalten zu verknüpfen, um weitere Analyse oder Vergleiche anzustellen. So kann damit analysiert werden, wie sich die erfragten Einkommensschocks bei den einzelnen Haushalten auch im Warenkorb niederschlagen.
Für die aktuelle Analyse steht allerdings eine andere Frage im Vordergrund: Ein Vergleich der Aussagen zur Bevorratung mit dem tatsächlichen Einkaufsverhalten.
Ausgangspunkt hierfür ist die erste unserer Befragungsrunden Ende März (20.03. – 30.03.2020). Die Aussagen der knapp 8.900 Haushalte zur Bevorratung können nun mit ihrem tatsächlichen Einkaufsverhalten im März verglichen werden.
Lediglich 30 % der Haushalte geben an, sich überhaupt bevorratet zu haben. Diese und die nachfolgenden Angaben sind wie immer hochgerechnet, um eine Repräsentativität für die Grundgesamtheit aller deutschen Haushalte sicherzustellen. Das Consumer Panel erlaubt es, für jeden der befragten Haushalte das tatsächliche Einkaufsverhalten zu ermitteln.
Hier zeigt sich, wie zu erwarten ist, bei allen Vorratsprodukten eine enorme Steigerung der Ausgaben zwischen Februar und März. Konkret steigen die Ausgaben für leicht zu bevorratende Lebensmittel wie Fertiggerichte und Nudeln, aber auch für Papierhygieneprodukte, um deutlich mehr als 50 % an.
Interessant ist nun, dass der Anstieg nicht merklich verschieden ist zwischen den Haushalten, die angaben, dass sie auf Vorrat gekauft haben, und denen, die ihren eigenen Angaben zufolge keine Bevorratung vorgenommen haben (Tabelle 1). Beispielsweise ist der Anstieg der Ausgaben bei Nudeln mit 53 % sogar leicht höher bei den Haushalten, die sich angeblich nicht bevorratet haben….
Ost und West entwickeln sich auseinander in der Haltung zur Corona-Krise
In Sachsen und Thüringen finden aktuell 40 % die Presseberichterstattung zur Corona-Krise übertrieben, in Baden-Württemberg nur 26 %. Dies ist eine erhebliche Diskrepanz. Wie Abbildung 1 zeigt, war dies vor drei Wochen noch anders, als der Anteil gleichauf bei einem Viertel lag. (Anmerkung: Wie in den nachfolgenden Darstellungen sind teils mehrere Bundesländer, hier Sachsen und Thüringen, zu sog. Nielsen-Gebieten zusammengefasst.)
Abbildung 1: Einstellung zu Presseberichten.
Einen ähnlichen, wenn auch etwas weniger ausgeprägten Verlauf gibt es auch im Hinblick auf die Bereitschaft, die Öffentlichkeit zu meiden. Diese geht im gesamten Bundesgebiet zurück, allerdings besonders deutlich wieder in den östlichen Bundesländern, so beispielsweise in Sachsen und Thüringen, wo aktuell nur noch 55 % angeben, die Öffentlichkeit zu meiden (Abbildung 2). Dies liegt aber anscheinend nicht an einer deutlich anders wahrgenommenen individuellen Gefährdung. Denn aktuell machen sich nur 42 % der Deutschen Sorgen um ihre Gesundheit – und diese Zahl variiert nur geringfügig zwischen den Bundesländern.
Die erhebliche aktuelle Diskrepanz in der Einstellung zu den Presseberichten, aber auch in der Bereitschaft, die Öffentlichkeit zu meiden, könnten wesentlich auf den unterschiedlichen Corona-Fallzahlen beruhen: So hat Baden-Württemberg aktuell fast dreimal so hohe amtlich registrierte Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner wie Sachsen oder Thüringen. Allerdings bleibt über alle Fallzahlen hinweg ein deutlicher Ost-West Unterschied bestehen. Dies zeigt Abbildung 3. Hier stellen die Regionen 1 bis 5 ausschließlich westliche Bundesländer dar. Während auch hier eine erhebliche Divergenz in den Fallzahlen besteht, ist diese in der Haltung gegenüber der Presse deutlich weniger ausgeprägt. Nur die Regionen 6 und 7, die die östlichen Bundesländer umfassen (einschließlich Berlin in Region 7), weisen einen deutlichen Unterschied auf, insbesondere Sachsen und Thüringen. Mittlerweile haben dort bereits 40 % die Auffassung, die Presse übertreibe in Sachen Corona.